Der Porsche-Rabatt

20 Milliarden Euro wird die im Kabinett beschlossene zeitweise Absenkung der Mehrwertsteuer kosten. Eine Schätzung – welchen konjunkturellen Effekt sie hat, sagt die Koalition nicht. Wer für die Gesamtkosten der Krise aufkommen soll? Die Bundesregierung schweigt dazu. Da sie eine Vermögensabgabe der Superreichen bisher ausschließt, ist klar: Die Rechnung landet auf dem Tisch der ganz normalen Leute. Auch die 20 Milliarden der Mehrwertsteuersenkung, von der die meisten Menschen kaum etwas im Portemonnaie haben werden. Niemand glaubt ernsthaft, dass Brot, Butter oder eine Zeitung am 1. Juli billiger werden.

Zahlreiche Ökonomen haben das Konjunkturpaket zunächst gelobt. Passend zum Parteibuch sozusagen. Mittlerweile mehren sich die kritischen Stimmen. Oder die vernünftigen? Dies hängt vor allem damit zusammen, dass der beispiellose Einbruch mit einer Verknappung der Angebotsseite zusammenhängt – den Folgen des Lockdowns.

Geschäfte waren geschlossen, Theater und Kinos gesperrt, Bahnen leer und Flieger stehen weiter vielfach am Boden. Dagegen hilft keine Absenkung der Mehrwertsteuer. Auch jüngsten Erfahrungen oder der Blick ins Ausland zeigen, dass solche Senkungen eben nicht für relevant sinkende Preise sorgen.

Die geplante Senkung wird die Wirtschaft nicht auf Trab bringen können, aber Milliarden verbrennen. Sie wird zu höheren Gewinnen führen, wo diese wirklich nicht nötig sind (z.B. Amazon). Die Absenkung ist wie das gesamte Paket nicht ansatzweise gegenfinanziert. Das ist unverantwortlich. Die Fans der schwarzen Null, die ich immer kritisiert habe, schaufeln in der Krise ein Finanzloch nach dem anderen.

Was den Konsumenten und der Wirtschaft angesichts der derzeitigen Situation helfen würde und – angesichts des momentanen Infektionsgeschehens – geboten ist: Ein Fahrplan, eine klare Strategie für eine verantwortbare, weitgehende Öffnung des Landes. Die Koalition muss Konsumenten und Wirtschaft Vertrauen in die Zukunft geben. Gerade die mehr als sieben Millionen Beschäftigten in Kurzarbeit würden davon stärker profitieren, als von einer sechsmonatigen Mehrwertsteuersenkung, die sie in den folgenden Jahren mit Steuererhöhungen oder sinkenden Investitionen in die Infrastruktur bezahlen werden. Wer in Kurzarbeit ist und bis zu 40 Prozent weniger Lohn hat, kauft nicht drei Paar Schuhe, während gleichzeitig die Krise weitergeht. Aber wer von der Krise nicht getroffen ist, der bekommt mit der Mehrwertsteuersenkung einen satten „Porsche-Rabatt“ – sozusagen eine Kaufprämie durch die Hintertür. Je teurer das Auto, je teurer die Anschaffung, desto höher kann die Entlastung sein.

Es ist der politische Versuch, sich Zustimmung zur Bundestagswahl 2021 zu „erkaufen“ und die Rechnung den Bürgerinnen und Bürger später zu präsentieren, ohne dass Superreiche einen Beitrag in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten leisten müssen. Wir werden das weiter laut benennen und für einen anderen Weg werben.