Wer Nawalny ehren will, muss sich für die Freiheit von Assange einsetzen

21.02.2024 – Dietmar Bartsch: Alexej Nawalny wurde ermordet vom Kreml-Regime, das vor Mord, willkürlichen Verhaftungen, Unterdrückung – nicht vor einem brutalen Krieg gegen seinen Nachbarn zurückschreckt. Er wollte ein anderes, ein demokratisches Russland. Keine willkürliche Verhaftung, keine Drohung, keine Verurteilung konnte ihn aufhalten. Vor diesem Mut können wir uns nur verneigen. Natürlich sollte es eine unabhängige Untersuchung des Leichnams geben.
Niemand sollte den Mord an Alexej Nawalny instrumentalisieren. Wer Alexej Nawalny ehren will, muss sich für die Freiheit von Julian Assange einsetzen. Das dröhnende Schweigen der Bundesregierung gegenüber Herrn Assange ist beschämend. Nein, mit Heuchelei werden wir Herrn Nawalny nicht gerecht. Alexej Nawalny werden wir gerecht, wenn wir aufhören, mit doppelten Standards zu messen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Fünf Tage ist der Tod von Alexej Nawalny heute her. Er ist nicht verstorben, sondern der 47-Jährige wurde ermordet – ermordet vom Kremlregime, das vor Mord, vor willkürlichen Verhaftungen, vor Unterdrückung und auch vor einem brutalen Krieg gegen seinen Nachbarn nicht zurückschreckt.

Alexej Nawalny war unbequem – Fabian Funke hat auf die Grautöne völlig zu Recht hingewiesen –, aber er hat Misswirtschaft, Korruption und unrechtmäßige Bereicherung an das Licht der Öffentlichkeit gebracht. Er hat Transparenz und Demokratie eingefordert – das Gegenteil vom heutigen Machtapparat in Russland.

Aber, meine Damen und Herren, vor allen Dingen war Alexej Nawalny ein mutiger Mann. Nachdem er 2020 mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet worden war und Berliner Ärzte ihm bekanntermaßen das Leben gerettet hatten, kehrte er nach Russland zurück.

Er wusste, dass er dort ermordet werden könnte, und doch wollte er kein Oppositioneller aus der Distanz sein. Er wollte zurück, zurück in seine Heimat. Er wollte ein anderes, er wollte ein demokratisches Russland. Keine willkürliche Verhaftung, keine Drohung, keine Verurteilung konnte ihn aufhalten. Vor diesem Mut, meine Damen und Herren, können wir uns nur verneigen!

(Beifall bei der Linken, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wie schmerzhaft muss es für die Mutter, für die Frau, für die Familie sein, dass ihnen sogar noch der Zugang zur Leiche verwehrt wird, dass ihnen voller Zynismus mitgeteilt wird, Alexej Nawalny wäre am „plötzlichen Todessyndrom“ gestorben.

Meine Damen und Herren, natürlich sollte es eine unabhängige internationale Untersuchung des Leichnams geben. Aber eines, das sollten wir nicht machen: den Mord an Alexej Nawalny instrumentalisieren oder missbrauchen; Herr Braun hat das eindrucksvoll gemacht. Das genau sollten wir nicht tun.

Aber ich nehme auch mit großer Sorge zur Kenntnis, dass das genutzt wird, um über ein weiteres Sondervermögen der Bundeswehr zu reden, dass wir eine Debatte über atomare Bewaffnung angesichts des Todes von Nawalny führen. Nein, der Mord an Alexej Nawalny ist keine Mahnung für Aufrüstung. Er ist ein Aufruf zu Transparenz, zu Demokratie und zur Aufklärung von Missständen.

(Beifall bei der Linken)

Denn ich will zum Schluss noch an das Schicksal von Julian Assange erinnern, der seit Jahren inhaftiert ist, dem die Auslieferung in die USA droht, weil er für Transparenz gesorgt hat und Kriegsverbrechen ans Licht der Öffentlichkeit gebracht hat.

Nein, meine Damen und Herren. Journalismus ist kein Verbrechen. Wer Alexej Nawalny ehren will, muss sich auch für die Freiheit von Julian Assange einsetzen.

(Beifall bei der Linken)

Das dröhnende Schweigen der Bundesregierung gegenüber Herrn Assange ist meines Erachtens beschämend. Nein, mit Heuchelei werden wir Herrn Nawalny nicht gerecht. Alexej Nawalny werden wir gerecht, wenn wir aufhören, mit doppelten Standards zu messen. Rossija budet swobodna!

Danke schön.

(Beifall bei der Linken)