Corona, die zweite – und jetzt?

In dieser Woche haben die Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen neue Beschlüsse zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschlossen. Zeitgleich hat Bundeskanzlerin Angela Merkel das Signal gesendet, diese reichen nicht aus, um Corona wirklich zu bekämpfen. Eine neue Runde im Eindämmungswirrwarr der Bundesregierung, das zunehmend beunruhigende Züge annimmt.

Masken ja, aber nicht überall und nicht überall mit Bußgeldern, Beherbergungsverbot, aber nicht überall und inzwischen teilweise von Gerichten gekippt. Sperrstunden in einigen Städten, gar keine Lösungen für die “hidden Champions” der Veranstaltungsbranche. Die Wirtschaftsdaten sind das Desaster, das seit dem Frühjahr zu erwarten war. In Frankreich werden Ausgangssperren verhängt. Ganze Gebiete werden zu Risikogebieten erklärt. Alarmstufe Rot!

Auf dem Papier ist Deutschland bisher gut durch die Krise gekommen, aber die Regeln werden unübersichtlicher und die Perspektiven unklarer – wie geht es weiter? Es steht zu befürchten, dass die zweite Welle in der kalten Jahreszeit schlimmer wird. Es gibt keine Chancen, das gesellschaftliche Leben nach draußen zu verlagern. Selbst Weihnachten im Familienkreis steht zur Debatte. Das bedeutet nicht nur potenziell mehr Ansteckungen, sondern auch mehr Isolation. Dabei ist das Jahr 2020 schon anstrengend genug.

Gleichzeitig sind die Kosten der Krise nicht abzusehen, wer die Kosten trägt erst recht nicht. Friedrich Merz und der Vorsitzende der Jungen Union haben bei dieser Frage bereits den Ton vorgegeben und Sozialkürzungen bzw. Rentenkürzungen in den Raum gestellt. Für die systemrelevanten Berufe wird es dann nicht mal mehr Applaus geben, geschweige denn Lohnerhöhungen, auch wenn die Situation für die Betroffenen eher noch anstrengender wird.

Auch steht die Frage im Raum: Was passiert mit unserer Demokratie? Die Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte werden von einem Virus dominiert, die Exekutiven regieren durch –  nicht die Parlamente und die Bevölkerung entscheiden. Die Bevölkerung wird mit zunehmend unübersichtlichen Regelungen weiter verunsichert, obwohl sie bisher mit ihrer Disziplin Schlimmeres verhindert hat. Sperrstunden und ganze Branchen, die lahm gelegt werden, Reiseverbote, geschlossene Grenzen.

Politik darf nicht nur ad hoc handeln. Sie muss Hoffnung stiften und Ideen entwickeln, wie mit dem Virus zukünftig gelebt werden kann. Deshalb muss es Alternativen geben zu den restriktiven Eingriffen: mehr Testmöglichkeiten, ein Gesundheitssystem außerhalb marktwirtschaftlicher Logik, mehr Investitionen in die soziale Infrastruktur, mehr soziale Sicherheit und ein Plan für die Kosten der Krise, die nicht zu Lasten derer gehen, die unsere Gesellschaft am Laufen halten.

Der Kampf gegen Corona darf keine tieferen Verletzungen für die Grund- und Freiheitsrechte hinterlassen als unbedingt notwendig. Er darf nicht dazu führen, dass die soziale Spaltung in Deutschland unüberwindbar wird.