Mit Starkbier gegen das Virus

Nach aktuellen Recherchen des Bayerischen Rundfunks hat Deutschland zu Beginn des Jahres 78 Tage verloren, um besser auf das Corona-Virus zu reagieren. Das internationale Frühwarnsystem ProMED informierte am 31. Dezember 2019 über die ersten Fälle in China. Seit 2012 liegt der Bundesregierung ein Plan vor, was im Falle einer drohenden Pandemie zu tun ist. Statt Masken und Schutzausrüstung zu beschaffen und das Land vorzubereiten, bezeichnete die Bundesregierung Ende Januar das Virus als „deutlich milder“ als die Grippe und Mitte Februar die Gefahr einer Pandemie als „irreal“. Das war auch der Startschuss für den Karneval in Deutschland.

Erst am 26. Februar sprach der Gesundheitsminister vom „Beginn einer Epidemie“, konkrete bundesweite Maßnahmen gab es jedoch keine. In Italien war da die Lage längst außer Kontrolle. Ich habe am 1. März gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) erklärt, dass die Entwicklung „wochenlang unterschätzt“ wurde. Selbstverständlich hielt Markus Söder dies nicht davon ab, noch eine Woche später Starkbierfeste in Bayern auszurichten.

Bayern hat bedauerlicherweise die meisten Infizierten und die meisten Toten. Dass sich ein Ministerpräsident mit einer solchen Bilanz jetzt als Richter über die Entscheidungen ostdeutscher Länder hinstellt, ist scheinheilig. In den letzten Wochen hatte das, was Söder zu Corona sagte, manchmal mehr mit seiner Kanzlerkandidatur zu tun als mit dem Infektionsgeschehen. Sowohl auf Bundes- als auch auf Landesebene wurde das Virus viel zu lange unterschätzt, auch von mir. Nicht zuletzt aber haben  Verantwortungsträger von CDU und CSU dazu beigetragen, dass zu spät gehandelt wurde. Es hätte manches verhindert werden können. Zumindest ist heute aber offenbar auch Markus Söder klar, dass Starkbierfeste vielleicht bei einer Kanzlerkandidatur, aber nicht gegen Corona helfen.