Wer nicht feiert, hat verloren

„Den Würgern bieten wir die Stirn,
Den Mördern der Ideen.
Die Peiniger und Plünderer,
Sie müssen untergehn.“

So übersetzte Stephan Hermlin eine der Strophen des vielleicht bekanntesten sowjetischen Weltkriegsliedes „Der Heilige Krieg“. Heute, ein dreiviertel Jahrhundert nach dem Ende des größten Zivilisationsbruchs der Menschheitsgeschichte, ist die Notwendigkeit des Widerstandes gegen rechte, menschenverachtende Parteien und Ideologien so wichtig wie vielleicht noch nie seitdem. Es ist richtig, genau zu schauen, ob es sich an der einen Stelle um rechtspopulistisches Denken, an der anderen um rechtsextremes oder gar um nationalsozialistisches Gedankengut handelt, das verbreitet wird.

Aber es ist ebenso wichtig zu sagen, dass diese Ideen in jedem Falle aus demselben Schoß kriechen, wie es die deutschen Nazis taten. Deshalb bedarf es des doppelten Erinnerns und Mahnens, nämlich an den 8. Mai als Tag der Befreiung und den 9. Mai als Tag des Sieges. Millionenfacher Tod und unerträgliches Leid wurzelten in der menschenverachtenden Ideologie der Nazis – millionenfach ohne ein glückliches Ende, sondern vergaste, verbrannte, erschossene, zu Tode geprügelte Menschen in Konzentrationslagern, auf Schlachtfeldern oder am Rande einer Grube. Und diesen Weg werden die Erben der Nazis wieder betreten, wenn sie an die Macht kommen können, mögen sie sich noch so zivilisiert im feinen Zwirn oder doch als Straßenschläger zeigen. Daran gibt es keinen Zweifel. Denn diese „Herrenmenschen“ halten es für ihr gutes Recht, über anderen zu stehen, und diesem Recht gebührt in ihrem Denken selbstverständlich auch das Mittel der Gewalt. Ja, auch Hitler war für viele in den zwanziger Jahren eine Witzfigur. Dieser „Witz“ bedarf jedoch keiner Wiederholung, auch wenn vielleicht dem einen oder anderen manche Figur aus der europäischen Rechten als lächerlich erscheint. Sie sind und bleiben jedoch Sendboten der Barbarei.

Wir erinnern uns am 8. Mai an Diktatur, Krieg und Massenmord, die von unserem Land ausgegangen sind und an eine Befreiung, die uns andere brachten. Am 9. Mai erinnern wir an den Sieg über dieses Grauen, den unter unvorstellbaren Opfern andere auch für uns Heutige errungen haben. Genau deshalb ist es richtig, wenn zum Beispiel der DGB in Frankfurt/Main unter der Losung „Wer nicht feiert, hat verloren!“ zum Fest ruft, denn für einen anständigen Menschen kann es kaum weniger Grund zum Feiern und Gedenken geben als diesen.
Wir können und werden es schaffen, den braunen Hetzern Einhalt zu gebieten. Wir werden unseren Teil dazu beitragen, ein Bollwerk der Zivilisation gegen Hass und Menschenverachtung zu errichten. Wenn wir zusammen stehen mit allen, die dazu bereit sind. Wenn wir uns nicht spalten lassen. Dann werden wir wieder auch den Peinigern und Plünderern der Gegenwart zeigen, dass sie untergehen müssen.