Ostseeregion stärken

Ostseeregion stärken verlangt, die Unterschiede z.B. zwischen Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig Holstein zu berücksichtigen.
Für die Ostseeregionenkonzepte der FDP und der Koalitionsfraktionen spielt die Tatsache, dass in Mecklenburg Vorpommern die Arbeitslosenquote fast doppelt so hoch ist wie in Schleswig Holstein keine Rolle. Aufbau Ost ist eben keine Chefsache.
Wer die Tourismuspotentiale der Ostseeregion stärken will, braucht keine Tornadoaufklärungsflüge.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren!

Frau Bellmann, lassen Sie mich zuerst eine kleine Korrektur vornehmen. Bei uns in Vorpommern hieß „SOS“ etwas anders als Sie es übersetzt haben, nämlich „Sommer ohne Sachsen“. Das war damals ein erstrebenswertes Ziel. Aber heut ist das nicht mehr der Fall. Nun ist es ganz anders.

(Beifall bei der LINKEN – Veronika Bellmann (CDU/CSU):
Seien Sie froh! Sonst könnten Sie finanziell gar nicht existieren!)

Ich will zu Beginn auf den FDP-Antrag zu sprechen kommen, mit dem die Liberalen den Finger in die Wunde legen. Dort wird festgestellt, dass es ein weiteres West-Ost-Gefälle gibt, und zwar zum Nachteil des Ostens: Es geht um den Salzgehalt der Ostsee. Dieser wird gen Osten zunehmend niedriger.
Aber wie so oft in der Politik wird aus dieser Feststellung keine Schlussfolgerung gezogen.
(Beifall bei der LINKEN)

Ganz sachlich ist zunächst festzustellen:
Der Antrag der FDP, aber auch der der Großen Koalition enthalten viele unterstützenwerte Vorschläge. Ich nenne als Stichworte: mehr Sicherheit auf den Seewegen, die Bekämpfung des illegalen Dorschfangs und die Verbesserung des Walschutzes. Die Qualitätsoffensive für den Tourismusstandort „Ostseeküste“ ist ebenfalls vernünftig, genau so wie die Zurückdrängung der Meeresverschmutzung durch Emissionen des Schiffsverkehrs.

Weiter stelle ich fest, dass Sie die Forderung unseres damaligen Umweltministers Wolfgang Methling nach einer Lotsenannahmepflicht in der Kadetrinne – dafür wurde er 2001 auf Bundesebene noch sehr gerügt – nach dem Tankerunglück der der Baltic Carrier aufgegriffen haben,genauso wie seine Forderung, die sogenannten Einhüllentanker auszumustern.
Das finde ich sehr gut. Sie haben den Ratschlag
„von der LINKEN lernen, heißt siegen lernen“ beherzigt. Ich kann nur sagen: Weiter so!
(Beifall bei der LINEKN – Zuruf von der SPD)

Die Sowjetunion war früher; das ist nun anders. Deshalb habe ich das korrigiert
Beim Lesen des FDP Antrages entsteht bisweilen der Eindruck, dass Sie bis zum Schluss nicht ganz sicher waren, ob es nicht doch ein gigantisches Verkehrswegekonzept oder nur ein Ostseeraumkonzept werden sollte.

Die Koalitionsfraktionen bleiben in ihrem Antrag im Kern dabei stehen – das sei klar gesagt – zwischenstaatlichen Handlungsbedarf, wenn auch auf wichtigen Feldern, zu benennen. Zumindest was die Konkretheit betrifft, ist der FDP- Antrag da deutlich weiter, deutlich besser.
Der Koalitionsantrag wird von uns deshalb insbesondere kritisiert und abgelehnt, für das, was er nicht enthält.
Das Entscheidende ist: Der Antrag blendet die Menschen in der Region nahezu völlig aus.

Es gibt keine Vorschläge für einen wirksamen Schutz vor Lohn- und Sozialdumping. Kein Wort zur Arbeits- und Beschäftigungssituation in den Ländern der Ostseeregion. Sie, Herr Thönnes, haben mehrfach auf die Ostseeparlamentarierkonferenz Bezug genommen. Aber gerade die letzte, die 15., hat festgehalten, dass „eine Diskussion über sozial- und arbeitsmarktpolitische Themen“ geben sollte. Das aber wird leider ausgeblendet.
Sie fordern in Ihrem Antrag, dass – ich darf das zitieren vor dem Hintergrund wachsender Zahlen von Grenzpendlern
„… an stark frequentierten Grenzübergängen für Pendler Informations-Zentren einzurichten, …(damit) die Beschäftigten in steuer- und sozialrechtlichen Fragen …Informationen erhalten“

Das können Sie doch nicht im Ernst meinen!
Noch tiefer kann man als Regierungspartei in sozial- und beschäftigungspolitische Fragen kaum sinken.
Als Vorpommer sage ich Ihnen: Die Menschen in der Ostseeregion brauchen Arbeit, von der sie leben können – da sind wir uns hoffentlich einig -, und sie brauchen Einkünfte, die nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben ein würdiges Leben auch im Alter sichern. Aus Hungerlöhnen dürfen nicht noch Hungerrenten werden. Wir brauchen Existenz sichernde Löhne, gerechte und höhere Renten statt weiterer Lohnkürzungen.
(Beifall der LINKEN)
Ihre Angebote für die Entwicklung der Ostseeregion zeigen erneut: der Aufbau Ost ist eben nicht Chefsache bzw. heute Chefinnensache! Real hat sich die Bundesregierung von dem Ziel für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Bundesländern zu sorgen, verabschiedet.
So wundert`s nicht, dass Sie, wenn sie von der Ostseeregion sprechen, immer von einer Region ausgehen. Sie wissen genau, dass zwischen Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gewaltige Unterschiede bestehen.
Schauen Sie sich allein die Arbeitslosenquote an. In Mecklenburg-Vorpommern ist sie mit 15,8 Prozent fast doppelt so hoch wie in Schleswig-Holstein. Das ist nicht eine Region. Deswegen sind die Anträge der Koalition für uns nicht zustimmungsfähig.
(Zuruf von der CDU/CSU: Das ist jetzt aber überraschend!)

Die Fraktionen der Großen Koalition der FDP betonen zu Recht den friedlichen und friedensstiftenden Charakter der wachsenden Ostseekooperation.
Ich kann Sie nur ermuntern, im Rahmen der Haushaltsberatungen, die im Herbst beginnen, ernsthaft zu erwägen, im Verteidigungshaushalt ein Konversionsprogramm aufzulegen, damit es uns gelingt, die Wirtschaftsentwicklung gerade in Mecklenburg-Vorpommern zu fördern und Arbeitsplätze zu schaffen.
(Beifall bei der LINKEN)

Eine letzte Bemerkung sei mir zum Tourismus gestattet, gerade weil unlängst der G8-Gipfel stattgefunden hat.
Für den Tourismus sind Tornadoflüge wenig hilfreich.
Zu dieser Zeit waren so wenige Touristen in Heiligendamm und Umgebung wie noch nie!
Noch nie wurde in Mecklenburg Vorpommern in so kurzer Zeit so viel Schrott – und damit meine ich nicht nur den unsinnigen Sicherheitszaun – produziert und Millionenbeträge verpulvert wie anlässlich des G8-Gipfels.
Wenn Sie dieses Geld für die Tourismusförderung eingesetzt hätten, dann hätten Sie eine richtige Maßnahmen ergriffen.
Ich bedanke mich.
(Beifall bei der LINKEN)