Der Libanon braucht keine Bundeswehr-Schiffe vor der Küste, sondern Hilfen

07.06.2024 – Dietmar Bartsch: Seit 2006 stimmt der Bundestag jährlich über den UNIFIL-Einsatz ab, der den Waffenschmuggel an die Hisbollah-Miliz seeseitig unterbinden soll. Die Hisbollah erhält ihre Waffenlieferungen aber größtenteils auf dem Landweg über Syrien. Das blendet UNIFIL aus. Die Hisbollah ist ohne Zweifel eine ernsthafte, schwere Bedrohung für die Sicherheit Israels. Der Libanon könnte aufgrund der chronischen Armut der breiten Masse der Bevölkerung und der Korruption der politischen Eliten zu einem „failed state“ werden. Die Bevölkerung des Libanons braucht keine Schiffe der Bundeswehr vor der Küste, sondern Wirtschaftshilfen, um dem Land aus dieser Krise zu helfen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Außenministerin! Herr Wadephul hat völlig zu Recht darauf hingewiesen, dass wir seit 2006 jährlich über UNIFIL abstimmen. Als das Mandat damals – ich erinnere mich – das erste Mal besprochen wurde, hieß es, dass der Waffenschmuggel an die Hisbollah-Miliz seeseitig eingeschränkt bzw. unterbunden werden soll.

(Dr. Johann David Wadephul [CDU/CSU]: Ja!)

Wir müssen schon mal die Frage stellen: Wie erfolgreich war denn eigentlich dieses Mandat?

(Beifall bei der Linken)

Denn kurz danach wurde ja schon bekannt, dass die Hisbollah durch Waffenlieferungen über den Landweg, also über Syrien, ihr Reservoir wieder komplett aufgefüllt hat.

(Zuruf des Abg. Thomas Röwekamp [CDU/CSU])

Das wäre eigentlich der Zeitpunkt gewesen, um über den Sinn und Zweck des Einsatzes noch mal nachzudenken.

(Beifall bei der Linken)

Aber das ist damals nicht geschehen, und auch heute gibt es dazu keine Bereitschaft.

Um das klar zu sagen, damit es keine Missverständnisse gibt: Dass die Hisbollah eine ernsthafte und schwere Bedrohung für die Sicherheit Israels ist, ist völlig unbestritten, genauso die Schlaglichter, die die Außenministerin genannt hat. Das hat sich seit dem 7. Oktober mit Sicherheit verstärkt. Aber, meine Damen und Herren, das alles hat mit diesem Einsatz nur sehr eingeschränkt zu tun.

2006 haben wir mit dem ersten Mandat beschlossen – ich habe mir das noch mal angeschaut; das ist übrigens in der Bundestagsdrucksache 16/2572 nachzulesen –,

(Ulrich Lechte [FDP]: Sehr gut!)

dass deutsche Marineschiffe nur in einer Übergangsphase zum Einsatz kommen. Heute, 18 Jahre später, legt die Bundesregierung wieder ein Mandat vor. Da frage ich mich natürlich: Wie lange soll denn die Übergangsphase, die damals beschlossen worden ist, noch dauern?

(Beifall bei der Linken – Gabriele Katzmarek [SPD]: Bis sich die Situation ändert!)

Nehmen wir denn überhaupt zur Kenntnis, woher die Hisbollah die Waffen bekommt?

(Ulrich Lechte [FDP]: Aus Iran!)

Doch nicht auf dem Seeweg, sondern auf dem Landweg. Das zu unterbinden, ist die eigentliche Aufgabe.

Meine Damen und Herren, ein weiterer Aspekt ist die aktuelle Lage im Libanon. Die Krise dort, eine der schwersten wirtschaftlichen und politischen Krisen seit Bestehen, befördert die Hisbollah und ihre Stärke. Das Bruttoinlandsprodukt des Landes ist über ein Drittel zurückgegangen, und das libanesische Pfund ist am Ende. Zum ersten Mal kann dieses Land zu einem Failed State werden. Das ist die reale Situation.

Deshalb: Die Bevölkerung Libanons braucht keine Schiffe der Bundeswehr vor der Küste, sondern Wirtschaftshilfen.

Ich komme zum Ende. – Ich glaube, dass nur die Beendigung des Konflikts im Gazastreifen durch die Zweistaatenlösung ausschlaggebend ist.

Ich bedanke mich und wünsche ein schönes Wochenende.

(Beifall bei der Linken)