Dem Dietmar sein Fahrer

Ein Gastbeitrag von Thorsten Zopf

Drei Jahre bin ich nun der Fahrer des Fraktionsvorsitzenden Dietmar Bartsch. Eigentlich sind es einige Jahre mehr, denn auch als er Bundesgeschäftsführer der Partei war, fuhren wir manches Mal gemeinsam durchs Land. Im November 2015 haben sich unsere Wege dann wieder gekreuzt und ich wurde dem_ dietmar_sein_Fahrer.

Diese Bezeichnung habe ich unserem leider viel zu früh jung verstorbenen Mitarbeiter Dominic Heilig zu verdanken. Er war es, der mit Dietmar die Idee zu einem Instagram- Account mit diesem Namen entwickelt hat. Ob er sich damals wohl bewusst war, was er damit anrichtet? Ich glaube, er wäre ebenso überrascht, wie Dietmar und ich es heute noch manchmal sind. 

Warum betreibt nun ausgerechnet ein Fahrer den Instagram-Account? Wir haben damals gemeinsam überlegt, was man mit den vielen Fotos anstellen könnte, die ich bei Terminen mache, zu denen ich den Fraktionsvorsitzenden fahre. Da bot sich Instagram einfach an. Schnell war das Format besprochen und der Account eingerichtet. Meine Zweifel wurden mit einem überzeugenden „Du schaffst das schon“ entkräftet.

Voller Tatendrang ging es los und schnell stiegen Follower-Zahlen. Mir selbst wurde mit der zunehmenden Anzahl von Abonnenten etwas mulmig und sehr erstaunt war ich, als auch Medien darauf aufmerksam wurden. Ich hatte das vollkommen unterschätzt. Zu den ersten, die dem Account folgten, gehörten Focus, Deutschlandfunk, BILD und die Ostsee-Zeitung. Als dann der „wahl_beobachter“, Julia Passman, die FAZ, STERN und DIE WELT sich mit einklinkten, gingen die Zahlen stetig bergauf.

Der Bundestagswahlkampf im letzten Jahr war für Dietmar und mich eine der spannendsten und herausforderndsten Zeiten mit tollen Erlebnissen. Schön war es zum Beispiel, als wir in Bayern eine „Wirtschaft“ – die Nicht-Bayuwaren sagen eher Kneipe oder Restaurant – aufsuchten und es schnell hieß: „Sie sind doch der Bartsch aus dem Fernsehen? Dass ich Sie mal live sehe …. Und dann auch noch hier.“ Gern denke ich auch an die Veranstaltung mit Björn Engholm in der St. Jacobikirche in Lübeck zurück. In vollbesetzter Kirche diskutierten zwei großartige Politiker unseres Landes über Gott und eigentlich mehr über die Welt von heute. Viele andere unvergessliche Augenblicke im Wahlkampf sind durch die Fotos in Erinnerung. Über 22.000 km sind wir in drei Monaten Wahlkampf im Land herumgereist und oft konnte ich mit den Bildern unter „dem_dietmar_sein_fahrer“ Einblicke in das Leben und die Arbeit eines Politikers und seines Fahrers geben.

Nach dem Wahlkampf dachten wir, nun würde es um den Instagram-Account ruhiger werden. Das war aber ein Irrtum. Innerparteilich wie auch bundespolitisch wurde es bis zum Ende des Jahres doch teils sehr turbulent. Die Fraktion musste sich finden und die Bundesregierung war nur geschäftsführend im Amt – bewegte Zeiten bis über den Jahreswechsel hinaus.

Das neue Jahr begann mit Spannung so wie es geendet hatte und auch bei mir tat sich etwas, was für mich Neuland war: ich bekam Medienanfragen. Ich und Anfragen nach Interviews? Dafür bin ich doch nicht zuständig, da ist bestimmt der Fraktionsvorsitzende gemeint. Dachte ich. Aber nein, sie wollten tatsächlich mit dem Fahrer sprechen. „Na prima, und was jetzt tun?“ Ich habe zuerst bei meinem Chef nachgefragt, dann auch beim Pressesprecher, aber sie antworteten nur amüsiert: „Du machst das schon.“ Komisch, vielleicht sind sie alle Fans von KLUBB3, denn die singen ja auch „Du schaffst das schon …“

So begann das neue Jahr für mich mit Aufregung, schnellem Puls und hohem Blutdruck positiver Art. Ich war sehr erstaunt über das Interesse von FAZ, DIE WELT und STERN an unserem Instagram-Account und an meinem Dienst als Fahrer, aber ich habe mich dann auch gefreut über die sympathische Widerspiegelung meiner Arbeit. Und immer erkundigten sie sich bei den Interviews auch nach dem berühmten „Gedeck“. Das „Gedeck“ war bei langen Fahrten unsere letzte Menüwahl, falls es am Abend oder unterwegs nicht mehr mit einem Essen klappte. Das „Gedeck“ ist eine Bockwurst mit Brötchen, Senf und Ketchup. Mittlerweile könnten Dietmar und ich ein Ratgeberbuch schreiben mit dem Titel „Die besten Bockwurst-Raststätten unterwegs“.