Anmerkungen zu Umfragen

Bei einer repräsentativen Umfrage sollten Berlinerinnen und Berliner kürzlich Auskunft geben, welche Probleme für sie die drängendsten sind. Das Ergebnis war eindeutig: 47 Prozent der Befragten gaben an, dass das Thema Mieten und Wohnen für sie am schwersten oder am zweitschwersten wiegt. 21 Prozent trauten der LINKEN am ehesten eine gute Wohnungspolitik zu. Der Spitzenwert aller Parteien. Für mich ergeben sich vier Schlüsse:

Erstens: Viele erkennen an, dass unsere Partei mit dem Mietendeckel in der Hauptstadt einen anerkennenswerten Versuch unternommen hat, Mieterinnen und Mieter vor explodierenden Kosten und vor Verdrängung zu schützen. Mutiges Agieren wird honoriert.

Zweitens: Die auch von unserer Partei unterstützte Initiative zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen stößt auf viel Sympathie und Unterstützung. Dabeisein ohne Vereinnahmung findet Anerkennung.

Drittens: Zahlreiche Bürgerinnen und Bürger trauen der LINKEN zu, positive Veränderungen für ihr Leben zu bewirken. Selbstsicherheit ist Mist, Selbstvertrauen ist nötig.

Viertens: Erfolgreich sind wir vor allem dann, wenn wir reale Interessen und Bedürfnisse der Menschen aufgreifen und daraus politisches Handeln ableiten. Ran an die Leute vor Ort!

Zu der hier angeführten Befragung muss ich allerdings auch drei Tropfen Wasser in den Wein geben:

Erstens: Immerhin 23 Prozent der Befragten sahen keine Partei in der Lage, in Berlin eine gute Wohnungspolitik zu betreiben.

Zweitens: Die der LINKEN nach dieser Befragung zugeschriebene Kompetenz erreichen wir in dieser Höhe auf keinem anderen Politikfeld. Nicht einmal annähernd.

Drittens: Es ist leider so, dass viele Wählerinnen und Wähler zwar mit den Positionen und Zielen der LINKEN übereinstimmen, nicht wenige aber daran zweifeln, dass wir diese Ziele auch durchsetzen können.

Wir müssen mehr mit unseren Pfunden wuchern! Ministerpräsident Bodo Ramelow in Thüringen, Senatorin Kristina Vogt in Bremen, Landrätin Kornelia Wehlan in Teltow-Fläming oder Bürgermeisterin Astrid Becker im mecklenburgischen Lübz, die ich stellvertretend nenne, betreiben mit ihren Teams eine von den Bürgerinnen und Bürgern anerkannte Politik und erreichen Fortschritte in deren Sinne. Als Oppositionsfraktion im Bundestag konnten wir z.B. in der laufenden Wahlperiode mit über 2.600 sogenannten Kleinen Anfragen Regierungspolitik kritisch hinterfragen und Missstände öffentlich machen. In der Coronakrise haben wir die Rettung von Jobs und Unternehmen unterstützt und zumindest den zeitweiligen Schutz vor Wohnungskündigungen sowie die Aussetzung von Hartz IV-Sanktionen erreicht. Links wirkt!

DIE LINKE hat einen riesigen Veränderungsanspruch, unsere Wählerinnen und Wähler setzen höchste Erwartungen in uns. Beidem können wir auf parlamentarischer Ebene nur mit starken Fraktionen gerecht werden. Dafür treten wir im Wahlkampf an. Dafür müssen und können wir zulegen. Dabei sollten wir uns von günstigen Umfragen nicht blenden und von weniger günstigen nicht niederdrücken lassen.