Mehr Arbeit, weniger Lohn? Der Osten verdient mehr!

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ostdeutschland arbeiten fast acht Tage länger im Jahr als Beschäftigte in den alten Ländern und erhalten durchschnittlich über 6000 Euro weniger brutto im Jahr. Meine Fraktion hält diese Situation für inakzeptabel. Wir wollen diese Schieflage beenden und haben heute einen Antrag im Bundestag vorgelegt.

Ja, Unterschiede gibt es auch zwischen Nord und Süd und zwischen Stadt und Land. Natürlich wird in Ingolstadt mehr verdient als in Gelsenkirchen. Aber die Unterschiede zwischen Ost und West sind besonders deutlich. In keinem westdeutschen Bundesland wird mehr gearbeitet als in irgendeinem ostdeutschen Bundesland. Und: In keinem ostdeutschen Bundesland wird mehr verdient als in irgendeinem westdeutschen Bundesland. Spitzenreiter bei der Arbeitszeit ist übrigens Sachsen-Anhalt, im Lohnkeller befindet sich mein Heimatland Mecklenburg-Vorpommern. Weniger verdienen und dafür mehr arbeiten: Das frustriert viele Menschen. ES verstößt gegen das Prinzip der Leistungsgerechtigkeit. Leistung lohnt sich für Ostdeutsche weniger als für Westdeutsche. Damit muss Schluss sein!

Die CDU stellt mit Frau Merkel seit bald 16 Jahren eine Ostdeutsche als Kanzlerin. Was wurde in vier Legislaturperioden erreicht? Der aktuelle Bericht zum Stand der Deutschen Einheit gibt an, dass in Ostdeutschland 85 Prozent vom Lohnniveau der alten Länder erreicht ist. Hört sich gar nicht schlecht an. Die Zahlen variieren, in einigen Branchen ist die Lohnlücke deutlich größer. Aber entscheidend ist: Der Einheitsbericht von 2005. Als die Bundeskanzlerin begann, lag das Lohnniveau im Osten bei 80 Prozent vom Westniveau. Das heißt: 5 Prozentpunkte Lohnangleichung in 16 Jahren! Das ist eine schlechte Bilanz und eine große Enttäuschung für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Ostdeutschland. Die Folge wird eine Lawine aus Altersarmut sein, die in den nächsten Jahren auf das gesamte Land zurollen wird.

Ein wesentlicher Grund für die Lohnlücke ist eine Politik, die einen riesigen Niedriglohnsektor in Deutschland geschaffen hat. Dieser ist im Osten deutlich größer als im Westen: Fast jeder Dritte Vollzeitbeschäftigte im Osten und gut 16 Prozent im Westen arbeiten zum Niedriglohn. Deshalb fordere ich, dass wir noch vor dem 3. Oktober, vor der Bundestagswahl ein deutliches Signal für die soziale Einheit unseres Land senden! Erhöhen wir den gesetzlichen Mindestlohn auf 12 Euro und verbessern wir damit das Leben von zehn Millionen Bürgerinnen und Bürger, die aktuell weniger verdienen – in Ost und West. Das wäre auch im Sinne der Sozialkassen, die unter der aktuellen Krise und generell unter Lohndumping und miesen Jobs leiden.

Die Niedriglohnpolitik ist eine Ursache, eine zweite ist die rückläufige Tarifbindung. 53 Prozent der Jobs im Westen sind nur noch tarifgebunden. 1998 lag die Tarifbindung im Westen bei 76 Prozent! Was für ein Absturz! Das Ergebnis von politischen Fehlentscheidungen, die dringend korrigiert werden müssen. Im Osten liegt die Tarifbindung bei 45 Prozent. Deshalb fordern wir in unserem Antrag, dass die Erklärung der Allgemeinverbindlichkeit von Tarifverträgen deutlich erleichtert wird. Wir müssen Gewerkschaften stärken, wenn wir die Lohnlücke zwischen Ost und West schließen wollen. Wir unterstützen die IG Metall bei den aktuellen Warnstreiks! Gleicher Lohn in gleicher Arbeitszeit – in Ost und West! Es wird höchste Zeit im 31. Jahr der Einheit.

Und was macht eigentlich der Bund dort, wo er unmittelbar in der Verantwortung ist? Warum hat allein NRW doppelt so viele Bundesbehörden wie alle neuen Länder zusammen? Und warum haben nur fünf von 106 Unternehmen, an denen der Bund direkt beteiligt ist, ihren Sitz in Ostdeutschland? Es muss mehr getan werden für gute Jobs – auch in Ostdeutschland! Nicht nur verlängerte Werkbank! Nicht nur verwalten, sondern aktive Ansiedlungspolitik. Machen! Mindestlohn, Tarifjobs, Strukturpolitik. Der Osten verdient mehr!