Weder die deutsche Kassiererin noch die italienische Pflegekraft dürfen die Krise bezahlen müssen

Die Corona-Krise wird historisch teuer – hierzulande und in Europa. Auf meine Anfrage beziffert die Bundesregierung die bisher veranschlagten Kosten für Deutschland auf 1,173 Billionen Euro. Diese Krise wird damit deutlich teurer als die Finanzkrise und niemand weiß heute, ob dieses Geld überhaupt ausreichen wird, um Unternehmen und Jobs zu retten.

Wer bezahlt diese Krise? Diese Frage muss jetzt auch gestellt werden. Deutschland könnte ein sozial anderes Land werden, wenn wir sie nicht oder unsolidarisch beantworten. Denn es wird eine besondere, eine historische Last, die durch die „normale“ Steuerpolitik niemals ausgeglichen werden kann.

Es darf auf keinen Fall so sein, dass in den nächsten Jahren vor allem an der öffentlichen Infrastruktur gespart wird. Nach der letzten Krise haben faktisch die Bürger die Schulden, die die Banken retteten, mit dem Verfall ihrer Infrastruktur bezahlt. Gleichzeitig gibt es seitdem 500.000 Vermögensmillionäre mehr. Diese unfaire Art der Krisenbewältigung darf sich nicht wiederholen. Eine einmalige Vermögensabgabe, wie im Grundgesetz vorgesehen, wäre vernünftig, um einen Teil der Corona-Kosten zu finanzieren. Wenn diejenigen, die das Land am Laufen halten, auch noch die Schulden aus der Krise abtragen müssen, wäre das grotesk. Es ist Zeit für einen gesellschaftlichen Konsens für einen fairen Lastenausgleich, wie es ihn nach dem Zweiten Weltkrieg auch gab.

Konsens und entschlossenes Handeln sind auch in der Europäischen Union notwendiger denn je. Die EU steht vor der größten Bewährungsprobe ihrer Existenz. Die Bundesregierung tut zu wenig, um Europas größte Herausforderung seit dem Zweiten Weltkrieg zu bewältigen. Diese Pandemie kann nur durch eine Devise überstanden werden: „Einer für alle, alle für einen!“  Wir brauchen in dieser Ausnahmesituation die Solidarität zwischen den Ländern und in den Gesellschaften durch eine besondere Beteiligung der Superreichen. Solidarität zwischen und in den Staaten sollte bedeuten, eine zeitlich begrenzte gemeinsame Anleihe mit einer Corona-Abgabe auf große private Vermögen in allen europäischen Ländern zu verbinden. Diese Mittel müssen zweckgebunden zur Bekämpfung der Krise verwendet werden. Denn weder die deutsche Kassiererin noch die italienische Pflegekraft dürfen diese Krise bezahlen, sondern der europäische Geldadel. Allein die Millionäre in Europa besitzen laut Oxfam 13,6 Billionen Euro. Die Superreichen können es sich leisten, mit einer einmaligen Vermögensabgabe an den Krisenkosten beteiligt zu werden. Manche sind schon heute dazu bereit.

Die NATO ist dringend aufgefordert, umzudenken. Das Ziel, die Verteidigungsausgaben auf zwei Prozent der Wirtschaftskraft der Mitgliedsstaaten zu erhöhen, muss fallen. Europa braucht Investitionen in Soforthilfen und den Weg aus der Krise. Nicht in militärisches Gerät. Unsere gemeinsame Bedrohung ist ein Virus und keine Armee. Ein gravierender Fehler wäre, wenn die Bundesregierung ausschließlich die Mechanismen der Euro-Krise wiederbeleben will. Diese sind in Teilen der EU ein Schreckgespenst und zur Bewältigung dieser Krise ungeeignet. Corona hat das Potenzial die Europäische Union zu zerreißen. „Jeder für sich“ darf nie wieder Motto Europas sein. Die deutsche Regierung sollte dafür eine besondere Sensibilität haben.