Applaus reicht nicht!

Über 17.000 Menschen arbeiten sozialversicherungspflichtig in der Altenpflege und verdienen so schlecht, dass sie nach der Schicht den entwürdigenden Gang zum Sozialamt antreten müssen, um ihren kargen Lohn aufzustocken. In den Supermärkten ergeht es über 50.000 Kassiererinnen so. In den Krankenhäusern reicht für 10.000 Beschäftigte der Lohn nicht. Bei der Postzustellung trifft es über 4.000 Menschen. Das ergibt eine Antwort des Arbeitsministerium auf meine Anfrage. (Siehe auch: Antwort des BMAS)

Die Corona-Krise zeigt, welche Berufe für unser Land wirklich unverzichtbar sind. Es ist eine Schade, dass wir zigtausende Menschen, die aktuell für uns die Kohlen aus dem Feuer holen, sogar noch so schlecht bezahlen, dass sie nicht davon leben können. Dass der Einzelhandelsverband nun die regulär vereinbarten Lohnerhöhungen für das Supermarktpersonal aufschieben will, ist unerhört. REWE, Aldi & Co. machen die Geschäfte ihres Lebens. Besonders bitter ist, dass der Verband Kassiererinnen, die jetzt einen Höllenjob machen müssen, und Kurzarbeiterinnen kleinerer Läden gegeneinander ausspielt. Nein, wir brauchen anständige Löhne für die Heldinnen des Alltags und ein anständiges Kurzarbeitergeld von 90 Prozent. Applaus und warme Worte sind zu wenig. Politik ist gefordert.

Im Übrigen müssen insgesamt über eine Million Menschen „aufstocken“. Das ist inakzeptabel. Weil es keinen Mindestlohn gibt, der existenzsichernd ist, gibt der Staat jährlich zehn Milliarden Euro aus, die zum Beispiel beim Personal im Gesundheitssystem fehlen. Die „Aufstockerei“ ist nicht nur würdelos, sondern dazu auch noch teuer.