Faschistischer Terror

Vor zehn Jahren waren wir bereits entsetzt, wenn antisemitische Sprüche fielen. Jetzt fielen tödliche Schüsse. Der Täter wollte am Jom-Kippur-Tag in eine Synagoge eindringen und jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger ermorden. Dass derartige Hassverbrechen im Land der Planer und Täter des Holocaust noch immer möglich sind, erschüttert mich und viele andere.

Aber ich denke auch an die Selbstenttarnung des NSU. Schockartig kam die Einsicht, dass die rechtsradikale Szene von der Gewaltbereitschaft zur rechtsterroristischen Untergrundtätigkeit übergegangen war. Die versprochene lückenlose Aufarbeitung fiel indessen bisher aus. Nimmt man die Ergebnisse des NSU-Prozesses, so muss man denken, der NSU habe nur aus drei Leuten und einigen wenigen Handlangern bestanden. Aber keine terroristische Organisation kann sich ohne ein breiteres Unterstützernetzwerk längere Zeit ungehindert in ganz Deutschland frei bewegen. Der Beitrag einiger Verfassungsschutzämter bestand nicht zuletzt darin, die Arbeit von Untersuchungsausschüssen zu behindern.

Inzwischen gibt es deutliche Hinweise auf Unterwanderungsbemühungen der Sicherheitsapparate durch rechtsradikale Netzwerke. Mit dem Mord an Walter Lübcke sind Rechtsextreme von der Morddrohung zum politischen Mord an demokratischen Politikern übergegangen.

Wann will die Bundesregierung endlich mit aller Entschlossenheit handeln? Ich erwarte, neben der konsequenten Aufklärung jeder einzelnen Straftat, eine realistische Einschätzung der Gefahrenlage durch rechtsextremistische Bestrebungen und die Ausarbeitung von Strategien zur wirksamen Bekämpfung des Rechtsradikalismus. Und wir alle sind gefordert. Das sind wir allen Opfern neofaschistischer Gewalt schuldig, dazu sind wir vor dem Hintergrund unserer Geschichte verpflichtet.

 

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(Diese Kolumne erschien zuerst am 10.Oktober auf www.linksfraktion.de)