Die Demokratie verteidigen

Es muss politisch einiges im Argen liegen, wenn sich die Fraktionsvorsitzenden von FDP, LINKEN und Grünen im Bundestag in einer gemeinsamen Bundespressekonferenz zu Wort melden – so war der mediale Tenor zu Beginn dieser ereignisreichen Woche. Die Einschätzung ist zutreffend. Zusammen mit Katrin Göring-Eckardt und Christian Lindner habe ich am Montag die gemeinsame Normenkontrollklage der Abgeordneten unserer drei Fraktionen gegen das bayerische Polizeiaufgabengesetz vorgestellt. Worum geht es? 

Alle Bundesländer haben wegen der neuen EU-Datenschutzrichtlinie und wegen des Urteils des Bundesverfassungsgerichts zum BKA ihre Länderpolizeigesetze anzupassen. Die bayerische Regierung geht in ihrer Novellierung jedoch weiter als andere Bundesländer. Novellierung ist hier ein irreführender Begriff für einen Vorgang, mit dem der Rechts- in Richtung eines Willkürstaates verändert werden soll, in dem grundlegende Freiheitsrechte zugunsten einer trügerischen Sicherheit geopfert werden sollen. Es geht um nicht weniger als die Verfasstheit unserer Demokratie. Bei solchen Angriffen braucht es dann auch neue Konstellationen in der Sache zwischen den Demokratinnen und Demokraten.

Ganz besonders stört mich in dem Gesetz die Einführung des schwammigen Begriffs der „drohenden Gefahr“, der die bisher gebräuchlichen Begriffe der konkreten oder abstrakten Gefahr ergänzen soll. Dieser findet nun auf fast alle polizeilichen Befugnisse Anwendung und verlagert die polizeiliche Eingriffsschwelle weit nach vorn. Anders als bei konkreten oder abstrakten Gefahren muss hier eine hinreichende Wahrscheinlichkeit des Schadeneintritts nicht bestehen. Die Bürgerinnen und Bürger werden faktisch unter Generalverdacht gestellt. Das öffnet der Willkür Tür und Tor, die informationelle Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten wird zudem verwischt. Ein besonders kritikwürdiger Punkt im Maßnahmenkatalog stellt außerdem die angedachte Dauer des möglichen vorbeugenden Gewahrsams dar. Dieser kann immer und immer wieder um bis zu drei Monate verlängert werden und das ohne, dass die Betroffenen einen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger hätten. Ein Wahnsinn. Die Negativbeispiele aus dem Gesetz ließen sich weiterführen. Eine solch umfassende Kontrolle hat es seit 1945 nicht gegeben. Die Maßnahmen sind Ausdruck des autoritären und undemokratischen Geistes, der sich in das Mark unserer Demokratie hineingefressen hat und dessen Gift immer mehr auch Ausdruck in den Parlamenten und Regierungen findet. Die bayerische Staatsregierung glaubt offensichtlich, mit diesem Gesetz eine bereits verlorene Landtagswahl retten zu können. Ein Irrglaube und einer gefährlicher zugleich. Leidtragende könnten nicht nur die Bayerinnen und Bayern, sondern die Menschen in ganz Deutschland sein. Das bayerische Gesetz ist die Blaupause für andere Ländergesetze bei denen die Gefahr eines gegenseitigen Überbietungswettbewerbs droht. Die CSU sollte ihren Status dringend einmal auf Realität und Wirklichkeit hin abklopfen.

Lange genug schon hat diese bayerische Regionalpartei versucht, die Politik der Bundesrepublik zu beeinflussen, ja zu dominieren.  Das geschah wahrlich nicht immer zum Wohle der Republik. Man erinnere sich an die politischen Machtkämpfe der letzten Zeit innerhalb der Union, die einen verheerenden Effekt auf die Bundesregierung hatten und die Menschen in unserem Land verunsichern. Man erinnere sich an Ex-Bundesminister Dobrindt, der politisch einen kompletten Scherbenhaufen hinterlassen hat. Mautdesaster, Dieselgate, Breitbandausbau, überall gescheitert. Deutschland einig Funkloch. Tolle Aussichten. Wer sitzt nun auf diesem Posten? Andreas Scheuer, wieder so ein Stratege! Man erinnere sich an die vielfältigen politischen Fehlgriffe des amtierenden CSU-Bundesinnenministers. Ein Mann, der dem rechten Mob mit seinen sprachlichen Entgleisungen beinahe täglich neues Futter gibt, der seinen Verfassungsschutzpräsidenten nicht in den Griff bekommt oder bekommen will, so genau weiß man das nicht mehr. Ich sage daher: Weniger CSU wäre gut für die Republik und wäre gleichermaßen gut für Bayern. Dafür braucht es rechtlich wie auf parlamentarischer Ebene und vor Ort unseres energischen Einsatzes für Demokratie, für die Verteidigung von Freiheitsrechten und gegen die Rechtsverschiebung in unserem Land. Der gemeinsame Schritt von FDP, LINKE und GRÜNEN zählt dazu. Nicht zuletzt auch deshalb werde ich mich im Landtagswahlkampf in Bayern engagieren und meinen Beitrag leisten. Gestern war ich zum Wahlkampfauftakt bei bester Stimmung in Nürnberg und es gibt noch viele Bayern-Termine.

Vielleicht sieht man sich, ich würde mich freuen.