Die LINKE feiert diese Null nicht

Die späte Beschlussfassung und diverse Sonderbedingungen lassen den Bundeshaushalt besser erscheinen als er wirklich ist, denn er ist nicht strukturell und nachhaltig konsolidiert.
Zukunftsinvestitionen, Umverteilung von oben nach unten und krisenrobuste Haushaltskonsolidierung – dieser Dreiklang ist nötig für mehr Gerechtigkeit in unserem Land und für einen humanitären Umgang mit Hilfesuchenden.

Rede in der von der Regierungskoalition beantragten Aktuellen Stunde zum Thema “Bundeshaushalt 2014 ohne neue Schulden”.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, ich sollte als Erstes den Antrag stellen, in die Liste unserer parlamentarischen Instrumentarien die Aktuelle Feierstunde aufzunehmen; denn jedes Mal, wenn die Große Koalition etwas zu feiern hat, haben wir eine Aktuelle Feierstunde. Das wäre doch einmal ein Vorschlag.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD ‑ Bartholomäus Kalb (CDU/CSU): Das ist angemessen!)

‑ Sehr schön. Ich freue mich immer über Beifall aus der Union. ‑ Ich will aber betonen, dass wir Sie nicht zur schwarzen Null beglückwünschen werden.

Ich will an unsere Debatten im vorigen Jahr erinnern; im Juni und im November haben wir Haushaltsberatungen durchgeführt. Sie wissen, dass diese schwarze Null mit einmaligen Sondereffekten zusammenhängt: Das Ergebnis hat mit höheren Einkommensteuereinnahmen zu tun, es hat mit dem Bundesbankgewinn von 2 Milliarden Euro zu tun, es hat aber auch damit zu tun, dass wir ein halbes Jahr lang vorläufige Haushaltsführung hatten ‑ das brachte natürlich einen positiven Effekt mit sich ‑, und letztlich hat das auch mit den niedrigen Zinsen zu tun. Ich will einen ehemaligen Finanzminister zitieren, dessen Namen ich allerdings nicht nennen möchte. Er sagt: Mit diesen Zinsen hätte ich das auch geschafft.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das ist zwar nicht meine Meinung, aber offensichtlich spielen die niedrigen Zinsen eine Rolle. Das war übrigens kein Linker; das hatten wir in dieser Republik noch nicht.

Ich will ganz klar sagen, welche Position wir vertreten: Wir sind nicht der Auffassung, dass neue Schulden irgendwie sinnvoll sind. Da, wo wir Verantwortung tragen, verhalten wir uns dementsprechend. In Thüringen zum Beispiel haben wir vereinbart, dass es in den nächsten fünf Jahren keine Nettokreditaufnahme geben wird und wir Schulden tilgen wollen. In Brandenburg, wo wir seit vielen Jahren regieren, machen wir seit vier Jahren keine neuen Schulden, sondern haben mit Rückzahlungen begonnen. In Mecklenburg-Vorpommern und Berlin haben wir die finanzpolitische und haushaltspolitische Wende eingeleitet. Dort, wo wir Verantwortung tragen, bekennen wir uns also zu einer Politik ohne neue Schulden und betreiben eine entsprechende Politik. Um das klar und deutlich zu sagen: Wir Linke können das, und wir wollen das auch.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist falsch und letztlich sogar zutiefst zynisch, wenn der CDU-Generalsekretär behauptet, dass jetzt endlich Schluss damit sei, über die eigenen Verhältnisse und auf Pump zu leben. Ich frage mich: Wer hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten eigentlich die Schulden gemacht? In den letzten zehn Jahren regierte Angela Merkel, und in dieser Zeit wurden 225 Milliarden Euro neue Schulden gemacht. Das ist die Wahrheit. Diese 225 Milliarden Euro neue Schulden haben Sie doch zu verantworten.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wann immer Sie regiert haben, wurden Schulden gemacht. Grund dafür ist, dass Sie Steuergeschenke gemacht und Millionäre und Milliardäre nicht belastet haben. Das ist die eigentliche Ursache. Aufgrund Ihrer Politik zahlen wir ‑ das war auch im letzten Jahr so ‑ 26 Milliarden Euro Zinsen. Ihre Politik ist verantwortlich dafür, dass dieses Geld nicht für andere Dinge zur Verfügung steht.

Der entscheidende Punkt aber ist der Preis dieser schwarzen Null: Ihre schwarze Null und die verspielten Zukunftschancen sind zwei Seiten derselben Medaille.

(Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU): Ja, ist klar!)

Wir haben marode Brücken und Straßen, teilweise katastrophale bauliche Zustände in Schulen und Turnhallen, es fehlen Lehrer und Erzieher, wir haben Kinderarmut, Armut bei Jugendlichen und Armut im Alter. Das alles gehört zur Wahrheit in unserem Land. Mit dieser Politik gefährden Sie den sozialen Zusammenhalt in unserem Land.

(Beifall bei der LINKEN)

Auch heute noch gilt in Deutschland der Satz, der früher ein geflügeltes Wort war: Wenn du arm bist, stirbst du eher.

(Eckhardt Rehberg (CDU/CSU): Blödsinn!)

Und in einer solchen Situation plündern Sie den Gesundheitsfonds. Das ist doch eine widersprüchliche Politik.

(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Sven-Christian Kindler (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Norbert Barthle hat gesagt, wir müssten mehr investieren. Ja, Investitionen in die Zukunft sind angesagt, sie wären notwendig, aber wann hören Sie auf, nur davon zu reden? Sie haben 10 Milliarden Euro für die Jahre 2016 bis 2018 angekündigt. Ehrlich gesagt, das ist doch ein Witz. Wenn mein Bundesland Mecklenburg-Vorpommern das machen würde, wäre das die richtige Dimension. Es wäre nötig, in diesem Jahr 10 Milliarden Euro in die digitale Infrastruktur zu investieren. Das wäre eine Investitionspolitik. Sie reden darüber, tun dafür aber zu wenig.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte einen weiteren Punkt ansprechen. Der ausgeglichene Haushalt ist der eine Punkt. Sie verbinden ihn immer damit, dass bei den Steuern gar nichts passiert. Das ist das eigentliche Problem. Sie müssten die Vermögenden in diesem Land, die auch in der Krise ihren Reichtum weiter vermehrt haben, mehr belasten, damit das Gemeinwesen seine Aufgaben bewältigen kann. Das ist die Aufgabe.

(Beifall bei der LINKEN)

Dort sollte endlich einmal etwas abgeholt werden. Sie gehen das aber nicht an und sagen: um Gottes Willen.

Leider macht Ihr Koalitionspartner dabei mit und hat alle Wahlversprechen in dieser Hinsicht völlig vergessen. Das ist eine falsche Politik. Greifen Sie bei den Superreichen, bei den Milliardären etwas ab durch eine Vermögensteuer, die wie auch immer ausgestaltet sein kann. Über die Ausgestaltung einer Vermögensteuer können wir reden. Da Sie das aber nicht tun, können Sie auf die schwarze Null nicht stolz sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Krisenrobuste nachhaltige Haushaltskonsolidierung, Zukunftsinvestitionen und konsequente Umverteilung von oben nach unten – dieser Dreiklang würde neue Möglichkeiten schaffen. Wenn man das machen würde, könnte man auch auf einen ausgeglichenen Haushalt stolz sein.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)