Die LINKE ist auch Partei des Mittelstandes

Schwarz-Gelb ist mittelstandsunfreundlich, begünstigt Großunternehmen und verunsichert den Mittelstand. Der Mittelstand muss gegenüber Großunternehmen gestärkt, die Macht der Energiemonopole gebrochen und der öffentliche Finanzsektor auf die Förderung des Mittelstandes verpflichtet werden. Fakt ist: Linke Wirtschaftsminister in den Ländern haben erfolgreich Mittelstandspolitik kreiert.

Rede im Deutschen Bundestag zum Bericht der Bundesregierung über den Erfolg der Programme zur Förderung des Mittelstandess

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr von Stetten, ich bedanke mich für die Ankündigung. Wenn ich Herrn Brüderle und Ihnen zuhöre und wenn ich den Titel der Unterrichtung lese: „Bericht über den Erfolg der Programme …“, dann werde ich an eine Zeit erinnert, die lange vorbei ist. Fragen Sie einmal die Ossis in Ihrer Fraktion; sie wissen, wie das ist, wenn nur von Erfolgen berichtet wird.

(Hubertus Heil (Peine) (SPD): Parteitag der FDP!)

Halten Sie es lieber mit dem Altbundeskanzler Kohl, der gesagt hat: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Ich finde, das sollte der Maßstab sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Es reicht, eine Zahl zu nennen: 0,5 Prozent Wirtschaftswachstum. Das ist faktisch nichts. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik, die Sie hier zu verantworten haben.

(Michael Grosse-Brömer (CDU/CSU): 2 Millionen Arbeitslose weniger!)

Nur die realen Ergebnisse zählen wirklich.

(Beifall bei der LINKEN)

Völlig unbestritten ist: Der Mittelstand in Deutschland hat viel geleistet. Ich war selber einige Jahre Unternehmensberater.

(Zurufe von Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP: Oh! Oh!)

Ja, da kann ich Ihnen viel erzählen. ‑ Ich habe erlebt, wie dort agiert wird. Aber der Mittelstand ist nicht nur eine Geisteshaltung, der Mittelstand ist viel differenzierter. Es gibt sehr unterschiedliche Unternehmen in diesem Bereich, sodass man sie nicht über einen Kamm scheren kann.

Gerade weil der Mittelstand in der deutschen Wirtschaftslandschaft eine herausragende Bedeutung hat, muss man ihn differenzierter fördern und zielgenauer agieren. Man muss vor allen Dingen seine Wettbewerbsposition gegenüber den Großunternehmen stärken und darf das nicht nur ankündigen, Herr von Stetten. Was ist denn geblieben von der Steuervereinfachung, die Sie in Ihrem Wahlprogramm angekündigt haben? Wie sieht es in der Realität aus? Nahezu nichts!

Ich will aus Ihrem Antrag zitieren. Dort steht:

Deutlicher denn je zeigt sich, dass die Selbstständigen und die kleinen und mittelgroßen Unternehmen … insbesondere auch in Ostdeutschland … das Rückgrat unserer Wirtschaft bilden.

Dieses Selbstlob steht in völligem Widerspruch zur Realität. Auch 23 Jahre nach der deutschen Einheit ist die Arbeitslosenquote in den neuen Ländern doppelt so hoch wie in den alten Ländern, die Löhne befinden sich auf dem niedrigsten Niveau, wir haben weiterhin eine hohe Abwanderungsquote, und wir haben weiterhin 1,5 Millionen Pendlerinnen und Pendler. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

Die Bundeskanzlerin ist zwar nicht da, aber lassen Sie mich einmal konkret auf unser gemeinsames Bundesland Mecklenburg-Vorpommern zu sprechen kommen. Mecklenburg-Vorpommern wird, wie andere norddeutsche Bundesländer, mit der finanziellen Hilfe für die Werften jetzt alleingelassen. Der Bund will das Bürgschaftsprogramm nicht weiterführen. Einen falscheren Zeitpunkt dafür kann es überhaupt nicht geben.

 (Beifall bei der LINKEN ‑ Dr. Dagmar Enkelmann (DIE LINKE): Volle Auftragsbücher!)

Jetzt, wo sich die Werften auf die Bereiche Spezialschiffbau und Offshoreprodukte ausgerichtet haben, streichen Sie das Programm. Das ist mittelstandsfeindlich; denn die Werften bei uns in Mecklenburg-Vorpommern sind nichts anderes als Mittelstand. Sie als FDP verhindern die Förderung.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Die Linke ist eine mittelstandsfreundliche Partei.

(Beifall bei der LINKEN ‑ Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ich will Ihnen das an einigen Punkten darlegen:

Der Mittelstand hat überall, aber besonders in den neuen Ländern, Finanzierungsprobleme. Es geht um Finanzquellen, es geht aber auch um Finanzierungskonditionen. Die Finanzkrise hat die Probleme verstärkt. Fakt ist ‑ Sie wissen das ‑: Kreditanträge von Kleinunternehmen mit weniger als 1 Million Euro Jahresumsatz werden deutlich öfter abgelehnt als Anträge von Unternehmen mit mehr als 50 Millionen Euro Umsatz. Das sind letztlich wettbewerbsverzerrende Rahmenbedingungen zulasten der Mittelständler. Wir setzen deshalb vor allen Dingen auf eine sichere Finanzierung durch Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken und nicht auf Rettungsmilliarden für Großbanken und deren Aktionäre. Das haben Sie in den letzten Jahren gemacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Die privaten Großbanken haben sich häufig aus dem normalen Geschäft mit dem Mittelstand zurückgezogen. Das ist gerade in den neuen Ländern zu beobachten. Da gibt es diese Geschäftsbeziehungen faktisch nicht mehr. Gott sei Dank gibt es die Sparkassen und Volksbanken, die das übernehmen.

Der öffentliche Finanzsektor muss stärker auf die Finanzierung des Mittelstandes verpflichtet werden. Außerdem müssen wir die Rolle der Sparkassen weiter stärken, weil nur darüber die notwendige Eigenkapitalquotenerhöhung und ‑stärkung möglich ist. Häufig sind es Kleinstkredite, die benötigt werden, und die sind häufig sehr schwierig zu bekommen.

Lassen Sie mich einen weiteren Punkt nennen, der auch unter den Mittelständlern unserer Partei umstritten ist: das Thema Mindestlohn. Aber unsere Position ist klar: Wir sind und bleiben bei unserer Forderung nach der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 10 Euro, weil dadurch gleiche Wettbewerbsregeln für die Unternehmen geschaffen werden. Es darf kein Geschäftsmodell sein, über Aufstocker Vorteile zu erzielen. Deshalb brauchen wir einen flächendeckenden Mindestlohn, der im Übrigen auch die Kaufkraft und die Nachfrage für Handwerk und Dienstleistung stärkt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Energiewendepolitik ist für den Mittelstand ein ganz großes Problem. Eigentlich ist das gar keine Energiewendepolitik; denn das einzig Zuverlässige an Ihrem Kurs ist, dass für die Mittelständler nichts sicher, nichts planbar ist. Wer den Mittelstand fördern will, der muss die Macht der Energiemonopole brechen und für stabile Strom- und Gaspreise sorgen. Das ist Ihre Aufgabe, damit der niedrige Strompreis an der Leipziger Strombörse auch beim Mittelständler ankommt. Sie begünstigen einseitig stromintensive Großunternehmen. Das ist die Realität.

Außerdem brauchen wir mehr Aufträge für den Mittelstand; auch das ist klar. Schauen Sie sich einmal Ihre Investitionspolitik in den letzten vier Jahren an: Bei jeder Haushaltsberatung hat die Opposition zu Recht kritisiert, dass die Investitionen viel zu gering sind. Mit Investitionen sanieren wir doch die Infrastruktur, tun wir etwas für Schulen, Krankenhäuser etc. und schaffen damit Aufträge auch für den Mittelstand.

Wir brauchen auch ein anderes Vergabegesetz. Kleinere Lose sind notwendig, weil die öffentlichen Auftraggeber ‑ egal ob unter CDU, SPD oder der Linken ‑ sonst überhaupt keine Chance haben. Wenn Sie die regionale Wirtschaft wirklich fördern wollen, dann brauchen wir diesbezüglich ein anderes Herangehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke hat im Übrigen seit vielen Jahren einen eigenen Unternehmerverband ‑ OWUS ‑, von dem wir viele Hinweise für unsere Politik bekommen, was sehr vernünftig ist, denn diese Hinweise helfen uns dann auch gerade in der Sozialpolitik.

Ich will vor allen Dingen auf eines verweisen: Wir haben in Berlin den Wirtschaftssenator gestellt, hatten Regierungsverantwortung in Mecklenburg-Vorpommern und stellen jetzt in Brandenburg den Wirtschaftsminister. Sie alle können eine sehr erfolgreiche Politik vorweisen. Harald Wolf hat in Berlin unter einer rot-roten Regierung endlich einen einheitlichen Unternehmensservice geschaffen. Er hat außerdem in Berlin/Brandenburg eine Clusterentwicklung gefördert. Und weil wir letzte Woche die Diskussion über die Frauenquote in Aufsichtsräten hatten: In Berlin hat Harald Wolf als Wirtschaftssenator und zugleich Frauensenator den bundesweit höchsten Anteil von Frauen in Aufsichtsräten öffentlicher Unternehmen erreicht. Das kann sich doch wirklich sehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt habe ich eine umfassende Erfolgsgeschichte, muss aber leider wegen der Redezeit abbrechen; ich weiß, Herr Präsident. Lassen Sie mich nur noch ein kleines Beispiel nennen. Helmut Holter hat in meinem Bundesland ein Mikrodarlehensprogramm für Existenzgründer geschaffen. Die Welt ‑ wirklich keine linke Zeitung ‑ hat geschrieben, das sei europaweit einmalig. Dieses Lob gehört hierher.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)