Die Energiewende ist bei dieser Regierung in den falschen Händen

Rede im Bundestag zum Koalitionsentwurfs eines Gesetzes über die Beschleunigung des Netzausbaus der Elektrizitätsnetze.

Die Bundesregierung übersetzt Versorgungssicherheit nur mit einer Profitsicherung für die vier großen Energiemonopole. Aber öffentliche Daseinsvorsorge gehört in öffentliche Hand und Kontrolle.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst freue ich mich, Herr Fuchs, dass Sie die Genossen der KP so freundlich begrüßt haben. Das ist wirklich sehr nett. Ich will mich dem ausdrücklich anschließen.

(Beifall bei der LINKEN – Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Gestatten Sie mir eine Vorbemerkung zu Herrn Rösler. Herr Rösler, ich glaube, Sie waren noch zu sehr im Parteitagsmodus der FDP. Sie haben auf Ihrem Parteitag die schöne Geschichte von Brüderle und Schwesterchen erzählt, die im Märchen sehr gut ausgeht. So wie Sie allerdings an die Energiewende herangehen, wird dieses Märchen leider nicht gut ausgehen. Sie regieren seit vier Jahren. Wer sich die Ergebnisse anschaut, das, was Sie gerade auch bei dem heutigen Thema vorzulegen haben, sieht, dass das wirklich mehr als dürftig ist. Sie haben insgesamt dazu beigetragen, dass es bei den Menschen und Unternehmen in diesem Land Verunsicherung gibt.

Es wundert mich schon sehr, dass Herr Fuchs auf einmal als Kämpfer für den Atomausstieg dasteht.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich habe das ein bisschen anders in Erinnerung: Da gab es ein „Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln“. All das ist schon sehr eigenartig.

Was wir heute in erster Lesung behandeln, hat mit einem verantwortungsbewussten Beitrag zur Energiewende sehr wenig zu tun. Man fragt sich sowieso immer: Ist das die Bundesregierung? Ich habe gerade gehört, dass Herr Altmaier und Herr Rösler gar nicht mehr zusammen in den Umweltausschuss gehen, weil sie sich dort wahrscheinlich beharken würden. Das ist also wirklich sehr wenig Bundesregierung.

Im Kern handelt es sich schlicht und ergreifend um einen Gesetzentwurf, durch den die Profite der Energiemonopolisten und die Profite der Netzbetreiber weiter abgesichert werden sollen. Denen ist es im Übrigen völlig egal, welcher ökologische und welcher soziale Preis für welche Energie bezahlt werden muss, die transportiert wird. Versorgungssicherheit übersetzt Schwarz-Gelb letztlich mit Profitsicherheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Natürlich wissen auch wir: Energietransport braucht moderne Netze. Da muss etwas geschehen. Aber wer die Energiewende wirklich will, der muss dafür einen Plan haben, auch was die Netze betrifft. Dabei muss das Thema Energieverbrauchsenkung natürlich eine wichtige Rolle spielen. Dann kommt man aber im Ergebnis zu der Erkenntnis, so viel Netz wie nötig, und nicht, so viel Netz wie möglich.

(Beifall bei der LINKEN)

In dem Gesetzentwurf geht es um Rechtswegeverkürzung und die Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren. Das alles ist durchaus sinnvoll, aber löst letztlich kein grundsätzliches Problem. Die Bundesregierung hat eben keinen Plan, was die Energiewende betrifft.

Sie reden hier davon, dass man sich mit den 16 Ländern ins Benehmen setzen muss. Aber es geht natürlich nicht, dass die Bundesregierung ansagt und die Länder zu folgen haben. Warum haben Sie eigentlich nicht die Bundesratsstellungnahme vom Februar bei Ihrem Gesetzentwurf in irgendeiner Weise beachtet? Es gab auch eine Stellungnahme auf Initiative des Bundeslandes der Bundeskanzlerin, das zufälligerweise auch meines ist, nämlich Mecklenburg-Vorpommern. Ist es Ignoranz oder handwerkliche Schluderei, dass Sie das einfach nicht beachten? Es darf nicht heißen: „Die Bundesregierung sagt an, und die Länder haben zu machen“, sondern das muss gemeinsam umgesetzt werden. Sie müssen sich von diesem hohen Ross herunterbegeben.

(Beifall bei der LINKEN)

Mit diesem Gesetzentwurf lassen sich die schweren politischen Fehler bei der Planung und Durchsetzung der Energiewendepolitik nicht korrigieren. So stärkt man nicht das dringend notwendige Vertrauen in die Energiewende, und man organisiert sich auch keine Unterstützung bei der Bevölkerung. Es gibt eher eine ganz große Verunsicherung.

Die wahren Innovationsfeinde sitzen auf der Regierungsbank. Was ist denn innovativ daran, eines der größten Zukunftsprojekte in Deutschland, den Umbau der Stromerzeugung, zwar politisch auszurufen, aber dann einfach zu hoffen, dass die notwendige Infrastruktur sich quasi von alleine plant und baut? Was ist innovativ daran, den großen Energiekonzernen in weiten Teilen diese Planung zu überlassen, die schon betriebswirtschaftlich keinen Grund sehen, die alten Kraftwerke der Konkurrenz regenerativer Energien auszusetzen? Was ist innovativ daran, die Netzplanung an den Bedürfnissen dieser Konzerne und ihrer Lobbygruppen auszurichten, obwohl technisch eine dezentralere Stromerzeugung in effektiven Einheiten vor Ort, bürgernah, kostengünstig und flächendeckend möglich ist?

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben auch über Bürgerbeteiligung und Bürgerinteressen geredet. Ich habe einmal nachgelesen, was in Ihrem Gesetzentwurf zu Ziel und Problemstellung steht. Das kommt bei Ihnen überhaupt nicht vor.

Was das Thema Bezahlbarkeit angeht, will ich auf eines aufmerksam machen: Auf Seite 16 ist von einem „Anstieg der Netzentgelte auf Übertragungsnetzebene und damit auch der Strompreise“ die Rede. Das ist offensichtlich ehrlich. Sie gehen davon aus, dass die Strompreise steigen. Das ist letztlich ein Offenbarungseid in Ihrem eigenen Gesetzentwurf, dass Sie hier nichts tun wollen und die Bürgerinnen und Bürger diejenigen sein sollen, die letztlich die Energiewende bezahlen. Das kann nicht sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich will auf eines hinweisen: Sie haben in Ihren Koalitionsvertrag hineingeschrieben, dass es eine unabhängige Netzgesellschaft geben soll. Das ist ein vernünftiger Ansatz. Das will die Linke auch. Wir wollen eine in öffentlicher Hand befindliche Netzgesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Was ist in den vier Jahren passiert? Gar nichts ist passiert. Sie haben nichts in diese Richtung gemacht. Darum ist das, was sowohl SPD als auch Grüne vorschlagen, durchaus vernünftig. Wir wollen, dass alles, was öffentliche Daseinsvorsorge betrifft, in öffentlicher Hand ist. Das betrifft nicht nur die Bereiche Wohnen, Gesundheit und Bildung, sondern auch die Energienetze. Das schreiben Sie zwar in Ihrem Koalitionsvertrag, aber Sie brechen ihn ein weiteres Mal.

Die Energiewendepolitik muss letztlich vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Die Frage ist: Wollen wir dezentrale Energieversorgung in Bürgerhand, oder erhalten wir die Macht der großen Vier? Es geht dabei nicht an, zu sagen, die Bürgerinnen und Bürger dürfen die Energiewende bezahlen. Es muss vielmehr darum gehen, zu rekommunalisieren und auch die Neuvergabe von Netzkonzessionen durchzusetzen sowie vieles andere mehr.

Deswegen sage ich ganz klar und eindeutig: Die Energiewende ist bei dieser Koalition in schlechten Händen und in falschen Händen. Statt einer Politik, mit der Vertrauen zurückgewonnen werden kann,

(Zuruf des Abg. Dr. Michael Fuchs (CDU/CSU))

betreiben Sie eine Politik, der alles zuzutrauen ist. Statt den Menschen Sicherheit zu geben, dass sie morgen noch Strom, Wasser und Gas bezahlen können, sorgen Sie sich um die Profite der Energiemonopolisten und der Netzbetreiber. Diese Politik, meine Damen und Herren, muss im Herbst abgewählt werden.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)