Konkretes Regierungshandeln muss Perspektiven der maritimen Wirtschaft sichern

Die Ursachen für die Krise in der Werftindustrie sind vielfältig und sie liegen nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Vor allem fehlt es an einer schlüssigen, langfristigen politischen Strategie.
Wenn das Bekenntnis zur maritimen Wirtschaft ernst gemeint ist, dann kann die Politik die Zukunftsantworten für die maritime Industrie nicht allein dem Markt überlassen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sprechen heute über die Zukunft der maritimen Wirtschaft in Deutschland. Der ehemalige Wirtschaftsminister ist in Rostock. Der neue Wirtschaftsminister ist in Rostock. Das könnte ein gutes Zeichen sein, aber die haben ganz andere Probleme.

(Heiterkeit der Abg. Dr. Valerie Wilms (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Lassen Sie uns gemeinsam hoffen, dass es der maritimen Wirtschaft nie so schlecht gehen wird wie aktuell der FDP.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Es ist unstrittig, dass der Schiffbau und die maritime Wirtschaft generell sehr wichtig für unser Land sind. Da hat der Kollege Rehberg völlig recht. Sie sind enorm wichtig, nicht nur für die Küstenländer. Aber entgegen der Behauptung von Herrn Otto und der Bundesregierung befindet sich der Wirtschaftszweig weiterhin und gerade in meinem Bundesland Mecklenburg-Vorpommern in der Krise. Er ist nicht durch die Krise gekommen. Eigentlich befinden wir uns in einer permanenten Krise.

(Torsten Staffeldt (FDP): Die Linke?)

Es gab einmal einen Wirtschaftsminister von Schwarz-Rot die Älteren erinnern sich vielleicht, er hieß zu Guttenberg , der im Krisenjahr 2009 in Rostock verkündete, dass Deutschland weiter zu einem maritimen Hightechstandort ausgebaut werden müsse. Ich zitiere:

„Aktuell kommt es darauf an, die Folgen der Krise in den maritimen Bereichen durch kurzfristig wirkende Maßnahmen zu überbrücken. Ebenso gilt es, irreparable Schäden und strukturelle Verwerfungen zu vermeiden. Die Bundesregierung wird diesen Weg weiterhin politisch flankieren.“

Das sagen Sie einmal den 2 300 Wadan-Yards-Beschäftigten, die in eine Transfergesellschaft gegangen sind und für die danach nichts passiert ist. Da hat Beckmeyer recht: Es ist bei den Ankündigungen geblieben. Das ist die Realität. Es bleibt nur zu hoffen, dass der neue Wirtschaftsminister in dieser Frage nicht nur ein Ankündigungsminister ist.

Die Bundesregierung behauptet, der Bundes- und Landespolitik sei es gemeinsam gelungen, den Kernbestand der Werftindustrie in Mecklenburg-Vorpommern zu erhalten. Ich will Ihnen einige Fakten nennen: Die Zahl der Beschäftigten auf den Werften in Mecklenburg-Vorpommern lag im Jahre 1990 bei 30 500 Personen. Heute sind auf den vier größten Werften noch 2 700 Menschen beschäftigt.

Ich habe über die Transfergesellschaft gesprochen. Die Situation der Werftstandorte in Wismar und Warnemünde das sagt die IG Metall ist die mit Abstand wichtigste Ursache für die negative Entwicklung bei den Arbeitsplätzen im Schiffbau in Deutschland. Der Containerschiffbau ist endgültig Geschichte mit allen Konsequenzen. Das gehört auch zur Wahrheit über den Werftenstandort Mecklenburg-Vorpommern.

Der entscheidenden Fragestellung geht die Bundesregierung aus dem Weg. Die Beschäftigten in den Bundesländern und zwar in allen, nicht nur in Mecklenburg-Vorpommern wollen wissen: Sind unsere Arbeitsplätze dauerhaft sicher? Haben wir eine Zukunftsperspektive in unserer Heimat? Hier lautet die Frage: Will die Bundesregierung alle Werftenstandorte langfristig sichern? Wenn ja, dann muss sie erklären, wie das geschehen soll.

Sicherlich ist die Politik nicht allein verantwortlich. Es gibt viele Ursachen für die Krise in der Werftindustrie; die Gründe liegen auch nicht nur in der Wirtschafts- und Finanzkrise. Es gab Versäumnisse und Fehler im Management, falsche Unternehmensstrategien; Forschung und Entwicklung sind vernachlässigt worden. Vor allem aber fehlt es an einer schlüssigen, langfristigen politischen Strategie. Wenn das Bekenntnis zur maritimen Wirtschaft ernst gemeint ist, dann kann die Politik die Zukunftsantworten für die maritime Industrie nicht allein dem Markt überlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir brauchen eine Strategie, die den Besonderheiten der Schiffbauindustrie Rechnung trägt. Die vorhandenen Standortvorteile müssen ausgebaut werden.

Die Finanzierung ist eines der Schlüsselprobleme. Die Bundesregierung schreibt stolz, dass sie sich gegen die Forderung aus den Ländern ausgesprochen hat, die den Erhalt der Unterstützungsinstrumente für den Schiffbau beinhaltet. Das ist falsch. Sie kürzen die Haushaltsmittel. Das ist eine politische Fehlentscheidung und nicht gut für die Standorte der maritimen Industrie.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen fordern wir, dass alle beihilferechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft und weiter angeboten werden müssen. Auch die Festsetzung der maximalen Bürgschaftsquote für Bürgschaften des Bundes und der Länder bis zu 90 Prozent muss weiterhin möglich sein, Herr Rehberg, um die Standorte zu erhalten.

Wir müssen nicht bei den Banken betteln. Das Problem ist doch, dass wir immer Geld für systemrelevante Banken und systemrelevante Kreditinstitute haben. Für Mecklenburg-Vorpommern und das weiß jeder Abgeordneter einschließlich der Bundeskanzlerin ist die maritime Wirtschaft eine systemrelevante Wirtschaft, ohne deren spürbare Stärkung und zuverlässige Modernisierung das Land nur schlecht existieren kann. Deswegen muss rasch, unbürokratisch und in der erforderlichen Höhe finanziert werden, wenn Aufträge realisierbar sind. Wir als Linke unterstützen darum, dass die KfW in einem Zukunftskonzept entsprechend eingebunden wird. Sie muss hier eine wichtige und ausgeprägte Rolle spielen.

Unsere Forderung lautet ganz klar: Regierungshandeln ist erforderlich, nicht nur Worte. Wir können nicht mit Dumpinglöhnen arbeiten, sondern müssen auf gute, faire Löhne für Spitzenkräfte und auf Spitzenqualität in unserem Land setzen. Das müssen wir mit den entsprechenden Haushaltsmitteln unterstützen. Es wäre nötig, dieses Signal vor der Konferenz in Wilhelmshaven zu geben.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)