Alternativen sind machbar

Aus dem im Koalitionsvertrag vereinbarten „Dreiklang aus Sanieren, Reformieren und Investieren“ ist zur vermeintlichen Halbzeit der Großen Koalition nichts Harmonisches geworden.
Nicht der Bundesfinanzminister, der sich gern damit brüstet, sndern vor allem die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die Hartz-IV-Empfänger und die Rentnerinnen und Rentner haben die Haushaltssanierung bitter bezahlt.

DIE LINKE nutzt die Haushaltsdebatte 2008 erneut, um deutliche Kritik am Regierusngkurs zu üben und unterbeitet konkrete Vorschläge für eie gerechte und soziale Haushaltspolitik.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:
Dr. Dietmar Bartsch spricht jetzt für die Linke.
Dr. Dietmar Bartsch (DIE LINKE):

Gerade jetzt geht die Bundeskanzlerin, wo jemand
aus ihrem Bundesland spricht.
(Zuruf von der FDP: Die hat Angst vor Ihnen!)
– Ja, wahrscheinlich hat sie Angst; das wird es sein.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Im Koalitionsvertrag steht so schön: „Deutschland
braucht einen Dreiklang aus Sanieren, Reformieren und
Investieren.“ Frau Merkel betont das immer wieder, und
auch Herr Steinbrück hat das heute in seiner Rede angesprochen.
Das klingt sehr schön und ist auch richtig.
Aber das Stück, das Sie den Menschen seit 2005 vorspielen, ist nicht so harmonisch. Es ist für viele Menschen in diesem Land schlecht.

Zunächst zwei Klarstellungen zu Ihrer Rede.
Die erste:
Nicht Sie, Herr Bundesfinanzminister, nicht die
Bundesregierung, sondern die Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer, die Rentnerinnen und Rentner, die Hartz-
IV-Empfänger und diejenigen, die kein Hartz IV bekommen, obwohl sie arbeitslos sind, sowie der Mittelstand,das sind diejenigen, die zu den besseren Ergebnissen des Bundeshaushalts beigetragen haben.
(Beifall bei der LINKEN)

Die zweite Klarstellung bezieht sich auf Ihre Reformen.
Ich will nur auf eine in Kürze eingehen, die Gesundheitsreform, über die Sie gar nicht mehr reden. Ich finde, allein das sagt sehr viel.
Die Gesundheitsreform macht Kranke und Pflegebedürftige nicht schneller gesund,
aber sie führt dazu, dass die medizinische Versorgung
für die Menschen teurer und die Zweiklassenmedizin
weiter verfestigt wird. Die Finanzierung ist unklar,
und die Krankenkassenbeiträge sind gestiegen. Das ist
das einzige Ergebnis dieser Reform.

Warum ist die Haushaltslage besser?
Wir alle wissen, dass die Steuergesetze der Bundesregierung das Kernstück
sind. Ich will auf das zurückkommen, was auch
von der FDP schon erwähnt worden ist:
Die Mehrwertsteuererhöhung entzieht den Konsumenten 20 Milliarden Euro.
Wissen Sie, was Voodoo-Ökonomie ist, Herr
Steinbrück?
Wenn die SPD vor der Wahl von 0 Prozent
Mehrwertsteuererhöhung spricht, die CDU von 2 Prozent
Mehrwertsteuererhöhung und das Ergebnis dann bei
3 Prozent liegt. Das ist Voodoo-Ökonomie, und nicht
das, was Sie den Linken vorwerfen.
(Beifall bei der LINKEN)

Bei der Entfernungspauschale, die die Betroffenen im
Übrigen auch 2,5 Milliarden Euro kostet, ist es ähnlich.
Nicht Sie oder ich oder das Haus entscheiden, ob das
verfassungskonform ist; das wird das Verfassungsgericht
feststellen. Mir ist nur wichtig, dass Sie das haushalterisch berücksichtigen. Das wäre sinnvoll und notwendig.

Ich will noch auf zwei Punkte zu sprechen kommen.
Wer musste beim Sparerfreibetrag die Kosten in Höhe
von 750 Millionen Euro tragen? Diejenigen, die etwas
für ihre Altersvorsorge getan haben, denn die trifft diese Reduzierung. Es geht also wieder gegen die sozial Schwächeren.
Das gilt auch für die Kindergeldzahlungen.
Den Eltern werden in diesem Jahr 700 Millionen
Euro genommen. Wenn das jemanden wie mich
trifft – zweimal im Übrigen -, dann ist das nicht so
schlimm. Aber viele Kinder von sozial Schwächeren
können deshalb nicht mehr studieren. Das ist das Problem Ihrer Politik.
(Beifall bei der LINKEN)

Ich will ein weiteres Missverständnis, das man zur
Halbzeit der Legislaturperiode auch in der Öffentlichkeit häufig hört, ausräumen.
Die Große Koalition hat in den
Jahren 2006 und 2007 neue Schulden in Höhe von über
40 Milliarden Euro aufgenommen. Mit dem Haushalt
2008 wollen Sie weitere 12,9 Milliarden Euro Schulden
aufnehmen. Damit plant die Bundesregierung, die Zinszahlung von 37,5Milliarden Euro auf 42,1Milliarden Euro zu schrauben.
Wir leben zulasten unserer Kinder und
Enkel.
Das ist keine Generationsgerechtigkeit. Da haben
Sie ausnahmsweise recht. Das ist eine gigantische
Umverteilung von unten nach oben, weil die Banken davon profitieren.
(Beifall bei der LINKEN)

Es ist ein Riesenfehler, dass Sie nur so geringe Investitionen planen.
Jährliche Steigerungsraten von 300 Millionen Euro sind viel zu wenig. Da hat Herr Kampeter ausnahmsweise recht. Wenn Sie die Investitionen
bis 2011 sogar um 600 Millionen Euro senken wollen,
dann ist das unverantwortlich.
Die Linke fordert ein Zukunftsprogramm für Jugend und Innovation. Wir fordern Investitionssteigerungen, um Arbeitsplätze zu schaffen und weitere zu initiieren.

Ihr politisches Credo ist dafür verantwortlich, dass immer mehr Arme trotz Konjunktur ärmer werden, dass es die erschreckende Kinderarmut gibt und dass die Reichen immer zahlreicher in diesem Land werden.
Die Bundesregierung strebt offensichtlich danach, beim Wachstum der Zahl der Superreichen Spitze zu sein.
Das ist unsozial und unsolidarisch. Das muss nicht sein, es geht anders.

Es ist falsch, wenn Sie behaupten, in Deutschland sei
nicht mehr Geld für eine soziale Politik vorhanden.
(Beifall bei der LINKEN)
Deutschland ist eines der reichsten Länder der Welt.
2006 stieg die Zahl der Vermögensmillionäre in
Deutschland um über 4 Prozent auf 798 000. Zur gleichen Zeit stieg das Bruttoinlandsprodukt nur um
2,3 Prozent.
Das ist Ausdruck Ihrer Politik: mehr Vermögensmillionäre, deren Zahl immer deutlicher steigt. Das ist nicht nur sozial ungerecht, sondern viel schlimmer.

Sie sagen immer, wir würden keine Vorschläge machen.
Aus Zeitgründen will ich nur einen einzigen machen,
und zwar, weil der auch in der Diskussion ist, die
Erbschaftsteuer.
Manche sagen, man müsse sie abschaffen.
In den nächsten Jahren werden nach Berechnungen
der Dresdner Bank in Deutschland 1,3 Billionen
Euro vererbt. Es ist die Pflicht der Politik, die haushalts- und verteilungspolitische Funktion der Erbschaftsteuer für das Gemeinwesen zu nutzen.
(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen muss es darauf ankommen, hier Mehreinnahmen
zu erzielen, bei hohen Freibeträgen und so, dass
keine Arbeitsplätze gefährdet werden. Das ist völlig
richtig.
Ich kann Ihnen nur empfehlen, einmal die Erbschaftsteuer in den USA anzuschauen. Hätten wir eine vergleichbare Regelung, dann würden wir in den nächsten Jahren 50 Milliarden Euro mehr in den Kassen haben. Das wäre eine richtige Politik. Wir brauchen eine sozial verantwortliche Reform der Erbschaftsteuer mit – dies betone ich ausdrücklich – angemessenen Freibeträgen.

Herr Steinbrück, Sie sanieren zu wenig, Sie reformieren zulasten der Mehrheit, und Sie investieren zu wenig.
Das bringt Ihr Haushalt zum Ausdruck.
(Beifall bei der LINKEN)